Fluchtwege
Aktuell arbeiten viele Hilfsorganisationen an der Evakuierung von Afghan*innen über die angrenzenden Länder. Die Kabulluftbrücke organisiert beispielsweise mit Hilfe der Evakuierungslisten zivile Evakuierungsflüge und arbeitet daran, möglichst viele Menschen in Sicherheit zu bringen. Erst Mitte November war ihnen der erste Charterflug seit dem Schließen der Luftbrücke gelungen. Sie konnten 148 Menschen, die auf den oben genannten Listen standen, nach Pakistan ausfliegen. Notwendig ist das, weil das Bundesinnenministerium (BMI) und das Auswärtige Amt (AA) sich weigern, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Ein Bundesaufnahmeprogramm wurde bisher nicht beschlossen. Genau das bräuchte es nun aber, viele Bundesländer und Kommunen haben ihre Hilfsbereitschaft bereits zugesichert. Diese muss genutzt und zugelassen werden. Darüber hinaus braucht es endlich einen fairen Familiennachzug und Aufenthaltstitel für Afghan*innen in Deutschland.
Zeitgleich hängen tausende Afghan*innen in den Lagern an den europäischen Außengrenzen wie in Griechenland fest. Auch über den Landweg versuchen viele seit Jahren ihre Flucht. Es muss dafür gesorgt werden, dass diese Menschen die Möglichkeit auf Asyl bekommen und nicht zurück nach Afghanistan geschickt werden.
Aktuell kann man an der polnisch-belarussischen Grenzen gut sehen, was passiert, wenn die Politik nicht für sichere Fluchtwege sorgt und sich eher darauf einigt, Menschen zurückzudrängen, ihnen ihr Recht auf einen Asylantrag zu verwehren.
Sogenannte Pushbacks sind mittlerweile eine tägliche Praxis an den europäischen Außengrenzen, nach Genfer Flüchtlingskonvention eigentlich illegal.
Um die menschenverachtende Praxis dort zu legitimieren, sieht man über diese gewaltvollen Pushbacks hinweg und legitimiert diese. Das ist ein Skandal in der europäischen Geschichte!
Entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Non-Refoulement-Prinzip darf eine schutzsuchende Person nicht in ein Land zurückgewiesen werden, in dem die Person Verfolgung fürchten muss. Das muss an der Grenze individuell geprüft werden. Die Einreise nach Europa darf den schutzsuchenden Menschen also nicht verweigert werden. Dennoch mehrten sich die Pushbacks von schutzsuchenden Menschen an der griechisch-türkischen aber auch an der polnisch-belarussischen Landes- oder Seegrenze.
Die meisten Menschen, die sich derzeit an der Grenze zu Polen befinden, kommen aus Afghanistan. Die Route gilt als weniger riskant als die Route über das Mittelmeer oder die Ägäis. Wer den Weg über die zentrale Mittelmeerroute wählt, landet in Spanien oder Italien. Wer die Route über die Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland wählt, landet früher oder später in den völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln Chios, Samos und Lesbos. Dort leben zehntausende unter schwierigsten hygienischen Bedingungen. Etwa ein Drittel sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Mehr als die Hälfte der schutzsuchenden Menschen kommen aus Afghanistan. Und oft verbringen sie Jahre, bis sie die Möglichkeit auf ein Asylverfahren haben. Wie das Leben in einem Camp aussieht, findet sich in zahlreichen Dokumentationen wieder.
siehe auch: Arte-Doku ‚Die Hölle von Moria‘