Im Februar 2020 beschlossen Vertreter*innen der USA und der Taliban das Ende des Einsatzes der US-Truppen in Afghanistan. Circa anderthalb Jahre später, im Juli 2021 wurde der NATO-Einsatz in Afghanistan beendet. Wie es dazu kommen konnte, erfahrt ihr weiter unten.
Die deutsche Bundeswehr hatte ihre Soldat*innen bereits seit Juni 2021 aus dem Land abgezogen. Damals warnten Expert*innen bereits vor dem Erstarken der Taliban und nachdem sich die internationalen Truppen aus dem Land zurückgezogen hatten, übernahm innerhalb kürzester Zeit die Taliban die Kontrolle über das Land. Auch die Regierungstruppen konnten sie nicht aufhalten, nur die Hauptstadt Kabul stand im August noch unter der Kontrolle der Regierung. Nachdem die Taliban am 15. August auch die Hauptstadt Kabul unter ihre Kontrolle gebracht hatten, setzte die Bundesregierung eine überstürzte Evakuierungsmission an.
Zurzeit sind alle Menschen, die den Taliban ein Dorn im Auge sind, ihnen schutzlos ausgeliefert. Darunter sind afghanische Ortskräfte, aber auch Künstler*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und viele weitere, die nun auf den Todeslisten der Taliban stehen. Sie müssen sich im Land verstecken und leben aktuell in Todesangst und akuter Lebensgefahr. Zwar hat die Bundesregierung Evakuierungslisten für Ortskräfte eingerichtet, die für die Bundeswehr im Einsatz waren. Ebenfalls sollen auf den Listen Afghanische Menschenrechtler*innen und andere besonders Schutzbedürftige stehen. Diese Listen sind aber seit Ende August geschlossen und beinhalten nicht alle Ortskräfte. Vor allem diejenigen, die über sogenannte Subunternehmen für die Bundeswehr arbeiteten, fallen nicht in diese Kategorie. Nur wenigen, die auf diesen Evakuierungslisten stehen, wurde eine legale und sichere Ausreise ermöglicht. Die deutsche Bundesregierung hat versagt, frühzeitig die Menschen vor den Taliban zu schützen.
Afghanistan war und ist nicht sicher. Alle, die das Land verlassen möchten, müssen dies tun können.
Nur wenige von diesen Listen sind von Deutschland selbst evakuriert worden. Die meisten müssen sich mit der Situation selbst arrangieren und um die Flucht bemühen. Es gibt zeitgleich Berichte über Hinrichtungen von Menschen, die auf Evakuierungslisten stehen. Menschen, die seit 2013 für die Bundeswehr und andere deutsche Sicherheitskräfte gearbeitet haben, sind eigentlich für eine Übersiedlung nach Deutschland qualifiziert. Sie müssen aber die Übersiedlung nach Deutschland selbst zahlen, organisieren und nachweisen, dass sie gefährdet sind.
Andere Personen müssen ebenfalls nachweisen, dass sie gefährdet sind. Ein Landesaufnahmeprogramm für Afghan*innen gibt es derzeit nicht von der Bundesregierung. Auch der Abschiebestopp ist nur eine Momentaufnahme und wurde erst viel zu spät und wegen großem zivilgesellschaftlichen Druck durchgesetzt. Die Situation vieler tausender Afghan*innen im Land, aber auch derer, die seit langer Zeit auf der Flucht sind und beispielsweise in griechischen Lagern oder an der polnisch-belarussischen Grenze ausharren, ist ungewiss. Viele Afghan*innen in Deutschland wissen nicht, wie es ihren Familien in Afghanistan geht.
Die Lebensbedingungen verändern sich durch das Kollabieren der Wirtschaft nach der Machtübernahme dramatisch. Laut UNHCR ist die Hälfte der Einwohner*innen Afghanistans auf humanitäre Hilfen angewiesen. Die Welthungerhilfe rechnet ohne eine Verbesserung der Versorgungslage im Jahr 2022 mit einem Anstieg der Armutsrate auf 97 Prozent.
Wie konnte es eigentlich dazu kommen? Mehr Infos dazu findet ihr hier: